PRESSEKONFERENZ & AKTION

SALZBURGER:INNEN GEGEN ARMUT!

Die Salzburger Armutskonferenz und ihre Mitgliedsorganisationen luden zur Pressekonferenz mit anschließender Aktion an der Salzach, um über ein Thema zu sprechen, das trotz Pandemie und hoher Arbeitslosigkeit oft zu kurz kommt: Die Gründe von Armut in einem reichen Land.

Armut hat viele Gesichter
Im Bundesland Salzburg sind mehr als 70.000 Menschen von Armut oder Ausgrenzung bedroht, darunter sind rund 23.000 Kinder und Jugendliche. Armut belastet das Leben vieler Familien, erhöht das Risiko einer chronischen Krankheit, führt zu Mietschulden oder Delogierungen und trifft mehr und mehr Frauen über 65 Jahre. „Damit haben wir bereits viele Grenzen der Verantwortung und sozialen Gerechtigkeit überschritten. Denn jeder Mensch hat ein Recht auf den gleichen Zugang zu Bildung, leistbarem Wohnen und Gesundheit. Es ist an der Zeit, dass diese Rechte auch für alle verwirklicht werden.“, fordert Bayer Carmen, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz.

Bildung für alle
Armut lässt sich auch als eine Beschränkung von Handlungsspielräumen verstehen. Armutsbetroffene Menschen haben aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen aber auch anderer Ausschlussmechanismen in der Regel weniger Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Das hat nicht nur Einfluss auf ihre beruflichen Chancen, die natürlich mit dem Einkommen und Lebensstandard in Verbindung stehen, sondern steht mit vielen anderen Dimensionen von Armut – z.B. schlechtere physische und psychische Gesundheit, Einsamkeit und sozialer Rückzug – in Verbindung.

Eine der wichtigsten Möglichkeiten, Handlungsspielräume und Zukunftsperspektiven zu erweitern, ist Bildung. Besonders gravierend ist es vor diesem Hintergrund, dass in Österreich jedes 5. Kind – über 300.000! – in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet ist. In Salzburg sind das über 20.000 junge Menschen bis 24 Jahre. Für sehr viele dieser Kinder bedeutet das, dass ihre Lernchancen von Beginn an massiv eingeschränkt sind. Unser Bildungssystem schafft es vielfach nicht, armutsbetroffene Kinder und ihre Familien so zu fördern, dass die Armutslagen überwunden werden können. „Bildung als öffentliches Gut muss daher gestärkt werden. Das heißt insbesondere, dass die Zugangsmöglichkeiten zu einem bereiten und leistbaren Bildungsangebot für alle Bürger:innen in allen Lebenslagen und Altersgruppen zu erweitern sind.“, fordert Gunter Graf, St. Virgil.

Armut macht krank – Krankheit macht arm
2020 konnten sich laut Statistik Austria 45.000 in Österreich lebende Menschen einen notwendigen Arztbesuch nicht leisten, in Salzburg waren 2019 mehr als 500 Menschen auf den Virgilbus angewiesen. Krankheit ist immer mit einem gewissen finanziellen Aufwand verbunden, wenn auch das Gesundheitssystem in Österreich verglichen zu anderen Ländern ein sehr gutes ist. Inge Honisch von der Schuldenberatung Salzburg erklärt, wie Krankheit und Armut zusammenhängen: „Immer wieder erleben wir in der Praxis, dass sich eine Krankheit massiv auf die finanzielle Lage auswirkt. Viele alternative Behandlungsmethoden sind nicht leistbar. Die lange Aufenthaltsdauer in stationären Einrichtungen führen zu Selbstbehaltsrechnungen, die wiederum zu Zahlungsschwierigkeiten führen. Wir sehen diesen Zusammenhang aber auch aus der umgekehrten Richtung: Exekutionen, Rechnungen, die Besuche des Gerichtsvollziehers und das Leben am Existenzminimum, all diese Belastungen haben körperliche Folgen und machen Menschen krank.“

Wohnungsnot in Salzburg
Erst gestern hat das Forum Wohnungslosenhilfe die Zahlen der Wohnbedarfserhebung 2020 in einem Video veröffentlicht: Etwa 1.100 Personen leben in Salzburg ohne ein eigenes Dach über dem Kopf und es steht zu befürchten, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt, da die eingeschränkte Mobilität und die Lockdowns im vergangenen Jahr zu einer erschwerten Erhebung der betroffenen Personen führten. „Die Erfahrungen der Beratungseinrichtungen in den ersten Monaten 2021 legen die Vermutung nahe, dass die soziale Krise erst bevorsteht. In Salzburg kommt erschwerend hinzu, dass mit 01.01.2021 das Sozialunterstützungsgesetz in Kraft getreten ist. Die durch das Sozialhilfegrundsatzgesetz initiierten Verschlechterungen in der sozialen Absicherung treffen mittlerweile viele Menschen und führen zu Reduktion (bis zu € 800,-) und sogar Ausschluss von existenzsichernden Leistungen.“, merkt Torsten Bichler, Caritas Salzburg an und verweist auf die problematische Situation vieler Menschen.

Armut im Alter
Über 200.000 Menschen über 65 Jahre sind in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. 3/4 davon sind Frauen! Diese überproportionale Betroffenheit von Frauen liegt zu einem wesentlichen Teil in der unfairen Aufteilung von Lohnarbeit und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern: Unbezahlte Arbeit oder auch „Care-Arbeit“ genannt, umfasst Kinderbetreuung, Haushalt oder die Pflege von Angehörigen. Diese Faktoren ziehen sich durch die Biografie vieler Frauen und münden schlussendlich in einer problematischen Situation im Alter. Denn durch Teilzeitarbeit, längeren Abwesenheiten vom Arbeitsmarkt sowie das geringere Lohnniveau in gewissen Branchen, werden Frauen nach wie vor systematisch in die finanzielle Abhängigkeit des Partners getrieben, insbesondere, im Alter, wenn die eigene Pension nicht oder kaum zum Leben ausreicht. „Um diesen Teufelskreis aufzubrechen braucht es viele unterschiedliche Maßnahmen, wie die bessere Bewertung und Bezahlung typisch weiblicher Berufe, den Ausbau von ganztägigen Kinderbetreuungsangeboten im gesamten Bundesland sowie eine faire Verteilung unbezahlter Tätigkeiten!“, fordert Ines Grössenberger, Frauenreferentin der AK-Salzburg und Vorstandsvorsitzende der Armutskonferenz.

Armut grenzt aus, Armut macht einsam.
Gerade ältere, psychisch kranke und armutsbetroffene Menschen sind oft von Einsamkeit betroffen. In Österreich sagen 17 Prozent der Bevölkerung, dass sie im Ernstfall auf niemanden zählen können. „Eine stark eingeschränkte oder gar fehlende soziale Teilhabe hat für die Betroffenen psychosoziale, gesundheitliche und ökonomische Folgen. Unfreiwillige Einsamkeit macht krank und belastet den Alltag.“, betont Gabriele Huber vom Diakoniewerk Salzburg. Welche Faktoren begünstigen Einsamkeit und welche gesellschaftspolitischen Maßnahmen gegen Einsamkeit braucht es gerade jetzt in dieser gesundheitlichen und sozialen Krise? Sozialraumorientierte Projekte, Wohnformen und Unterstützungsnetzwerke, Quartiers- und Community-Arbeit, Freiwilliges Engagement und die digitale Teilhabe sind zentrale Ansätze, die gezielt einer Vereinsamung entgegenwirken können.

Um eine der größten sozialen Krisen abzuwenden und Armut nachhaltig zu bekämpfen, müssen vergangene Denkmuster aufgebrochen und mutige Maßnahmen getroffen werden. Die Frage ist, was hat sich bisher bewährt und muss gestärkt werden und welche Innovationen sind möglich und nötig. Armut und Ungleichheit ist eine große Gefahr für die Gesamtgesellschaft.

Es braucht daher breite und starke Netzwerke aus allen gesellschaftlichen Bereichen, die dem Ausschluss, dem Neid und falschen Fakten, Solidarität, Verständnis und Mut entgegenhalten. Dafür arbeiten wir als Salzburger Armutskonferenz!

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