PRESSEAUSSENDUNG
82.000 SALZBURGER*INNEN SIND ARMUTSGEFÄHRDET
Am 15.4. findet im Sozialausschuss das Expertenhearing zum umstrittenen Sozialhilfe Grundsatzgesetz statt, nach Ostern soll das Gesetz im Nationalrat beschlossen werden. Die Salzburger Armutskonferenz sieht mit großer Sorge auf die geplanten Änderungen. Die Kürzungen der Sozialhilfe Neu treffen die Schwächsten in unserer Gesellschaft - auch jene, die laut Sozialministerium besonderer Unterstützung bedürfen. Das zeigt ein exemplarisches Rechenbeispiel einer Alleinerzieherin in Salzburg. Die Salzburger Armutskonferenz fordert daher: Zurück zum Start – diesmal unter Einbeziehung von Expert*innen aus der Praxis.
Eine Reform der Mindestsicherung war höchst an der Zeit. Doch das geplante Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ablösen soll, zielt nicht darauf ab, Armut zu bekämpfen und zu vermeiden. „Stattdessen wird mit aller Härte gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft vorgegangen“, stellt Elisabeth Kocher, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz fest. „Reformen wären sinnvoll, wenn sie versuchen würden, die Existenz und Chancen zu sichern, anstatt Menschen weiter in den Abgrund zu treiben. Das Sozialhilfegesetz wird die soziale Unsicherheit erhöhen und die Schere zwischen Arm und Reich vergrößern“ ist Kocher besorgt.
Familien, Pensionist*innen, Asylberechtigte oder wohnungslose Personen - sie alle werden von den Kürzungen betroffen sein. Und obwohl die Regierung betont, vor allem Alleinerziehende zu unterstützen, sind auch sie von den Verschlechterungen betroffen, wie folgende Berechnung für Salzburg zeigt:
Frau M. lebt in der Stadt Salzburg und ist Alleinerzieherin von drei Kindern. Sie erhält keinen Unterhalt vom Kindsvater und arbeitet in Teilzeit. Ihr geringes Einkommen von 750€ stockt sie mit der Mindestsicherung auf. Frau M. und ihre Kinder stehen exemplarisch für viele Mindestsicherungsbeziehenden: Von den durchschnittlich 9.112 Bezieher*innen in Salzburg sind etwa 35% Frauen, 34% sind Kinder und Jugendliche. Ein Großteil der Beziehenden, fast 70% stockt das Einkommen mit der Mindestsicherung auf – so auch Frau M. Das Versprechen der Regierung, Alleinerziehende vermehrt zu unterstützen zeigt sich im Gesetzesentwurf nicht. Denn der so genannte Alleinerzieherbonus ist lediglich eine Kann-Leistung. Die Bundesländer müssen ihn nicht umsetzen. Frau M. muss also bangen und hoffen, dass die Salzburger Landesregierung einen rechtlichen Anspruch auf diesen Bonus gewährt. Ansonsten muss Frau M., und mit ihr alle Alleinerziehenden, mit drastischen Kürzungen rechnen.
Bisher gab es für alle Aufstocker*innen einen Berufsfreibetrag, der nicht an die Mindestsicherung angerechnet wurde. Doch das neue Sozialhilfegesetz sieht vor, dass das gesamte Einkommen der Sozialhilfe angerechnet wird und nur mehr bei Neuaufnahme einer Arbeit ein befristeter Berufsfreibetrag gewährt wird. Perfides „Detail“ am Rande: es kann sein, dass zukünftig sogar Spenden von Hilfsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und sozialen Initiativen auf die Leistungen der Sozialhilfe um den Betrag der Spende minimiert werden. Und auch für die in Salzburg gewährten Sonderzahlungen für Kinder ist im neuen Gesetz kein Spielraum vorgesehen. Somit bekommt Frau M. trotz Alleinerzieher*innenbonus zukünftig um über 140€ weniger. Weit dramatischer sieht es aus, wenn der Bonus in Salzburg nicht umgesetzt wird: In diesem Fall bekommen Frau M. und ihre Kinder insgesamt um über 450€ weniger Unterstützung. Monatlich.
Wenn für Alleinerziehende noch Hoffnung besteht, dass sie einen Rechtsanspruch auf den Bonus erhalten, gilt dieser Hoffnungsschimmer für Familien, insbesondere für Familien ab 3 Kindern, nicht: Die verringerten Richtsätze für Paare, die degressive Gestaltung der Beträge für Kinder (das erste Kind bekommt 221,36€, das zweite Kind nur noch 132,82€ und das dritte Kind gar nur mehr 44,27€), der Wegfall des Berufsfreibetrages sowie der Sonderzahlen trifft die Familien am härtesten und wird Kinderarmut erzeugen und verfestigen.
Und letztendlich werden die Änderungen uns alle treffen: sei es durch die Schaffung eines Billiglohnsektors, als Konkurrenz derjenigen die (noch) Arbeit haben, oder die Gefährdung des sozialen Friedens. Wir alle sind die Verlierer*innen der geplanten Gesetzesreformen. Die Salzburger Armutskonferenz fordert daher Neuverhandlungen unter Einbeziehung von Sozialorganisationen und Expert*innen. „Wir brauchen eine Mindestsicherung, die diesen Namen auch verdient und armutsfest absichert. Ich appelliere an alle Nationalrats-Abgeordneten, dem Gesetzesentwurf in der vorliegenden Form nicht zuzustimmen“, so Kocher.
Rückfragen: Elisabeth Kocher, 0662 – 849373-202 bzw. 0676 – 848210248