PRESSEAUSSENDUNG
„SOZIALHILFE NEU“ – ENTSOLIDARISIERUNG PER GESETZESENTSCHLUSS
Das Interesse an der von der Armutskonferenz und Arbeiterkammer veranstalteten Tagung „Sozialhilfe Neu versus Mindestsicherung“ war groß. Über 240 Personen kamen am Montag (25. Februar) ins Parkhotel Brunauer um mit Expertinnen und Experten über die Auswirkun-gen der geplanten Gesetzesänderung, die mit 1. April 2019 in Kraft treten soll, zu diskutieren.
Die Auswirkungen, die das neue Sozialhilfe-Grundsatzgesetz mit sich bringen wird, sind ver-heerend für die Betroffenen. „Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hatte bereits viele Schwächen und konnte Menschen nicht ausreichend in ihrer Notlage unterstützen. Doch die Sozialhilfe Neu schadet Menschen, die sich in schwierigen Situationen befinden und macht ihr Leben noch schwieriger“, so Elisabeth Kocher, Sprecherin der Salzburger Armutskonfe-renz.
1,65% der Salzburger Bevölkerung bezog 2017 Mindestsicherung mit einem durchschnittli-chen Monatsbetrag von 545€ und einer durchschnittlichen Bezugsdauer von 7,5 Monaten. Fast ein Drittel der Bezieherinnen und Bezieher stockt ihr niedriges Einkommen mit Mindest-sicherung auf. Die häufig attestierte soziale Hängematte, aus der sich höchstens die Kinder früh morgens erheben, ist in der Praxis kaum anzufinden.
Eine von der Arbeiterkammer vorgestellte Studie gewährt Einblick in die Lebenslagen von Bezieherinnen und Beziehern der Mindestsicherung. „Es zeigt sich, dass das medial häufig transportiere Bild des ‚typischen Mindestsicherungsbeziehers‘ nach unserer Analyse der Rea-lität nicht standhält. Was die Beziehenden eint, ist der Umstand, dass für sie das Einkommen nicht ausreicht, um einen menschenwürdigen Lebensunterhalt für sich bzw. ihre Familie ab-zusichern“, erklärt Ines Größenberger, Mitautorin der Studie.
Einen Rückschritt hinter erreichte Niveaus von Armutsbekämpfung attestiert der Armutsfor-scher Helmut P. Gaisbauer dem Gesetzesentwurf. Als gesellschaftliche Auswirkung sieht er unter anderem die Schaffung neuer, ausgegrenzter Unterschichten und eine stärkere Ausei-nanderentwicklung der Wohlfahrtniveaus von etablierten Schichten auf der einen Seite und denen von Armutsbetroffenen auf der anderen Seite.
„Hier wird versucht, die Menschen gegeneinander auszuspielen. In der aktuellen Debatte um die Mindestsicherung wird Gerechtigkeit so definiert, dass man maximal dann etwas rausbe-kommt, wenn man auch einbezahlt hat. Das wiederum steht im völligen Widerspruch mit der Grundidee der Mindestsicherung, bei dem man einen Anspruch darauf hat, weil man ein Mensch ist, und nicht, weil man vorher etwas beigetragen hat“ gibt Elisabeth Kocher zu den-ken.
Der Sozialrechtsexperte Walter Pfeil ist sich sicher, dass die Reformen der Mindestsicherung mittelfristig auch jene treffen wird, die noch eine Arbeit haben, von der sie leben können. Der Lohndruck auf die Beschäftigten wird zunehmen und der Niedriglohnsektor wird wie in Deutschland mit Hartz IV wachsen.“
Auf Flüchtlinge zeigen die Regierenden, die Bedingungen verschärfen sie aber für alle.
Rückfragen: Elisabeth Kocher, 0662 – 849373-202 bzw. 0676 – 848210248