PRESSEAUSSENDUNG
SOZIALHILFE NEU: AUS ARM WIRD ÄRMER
Stellungnahme der Salzburger Armutskonferenz zeigt: das letzte soziale Netz wird rissig und bekommt große Löcher: Die Sozialhilfe Neu bekämpft die Armen und nicht die Armut!
Die Auswirkungen, die das neue Sozialhilfe-Grundsatzgesetz mit sich bringen wird, sind ver-heerend für die Betroffenen. „Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hatte bereits viele Schwächen und konnte Menschen nicht ausreichend in ihrer Notlage unterstützen. Doch die Sozialhilfe Neu schadet Menschen die sich in schwierigen Situationen befinden und macht ihr Leben noch schwieriger“, so Elisabeth Kocher, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz.
Die Sozialhilfe forciert Sachleistungen statt Geldleistungen. „Das ist eine Bevormundung und Entwürdigung von betroffenen Personen. Viele Menschen, vor allem in den ländlichen Regio-nen, werden in Zukunft noch weniger Sozialhilfe beantragen, weil sie sich schämen im Supermarkt mit Essensmarken bezahlen zu müssen“, gibt Elisabeth Kocher zu denken. Eine weitere Verschlechterung erfolgt, wenn die Einbeziehung in die Krankenversicherung nicht in das Gesetz aufgenommen wird. Im Gesetzesentwurf fehlen derzeit entsprechende Bestim-mungen. Elisabeth Kocher: „Besteht kein Rechtsanspruch auf Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung, ist ein Rückfall in alte Sozialhilfezeiten mit stigmatisieren-den Sozialhilfekrankenscheinen statt der E-Card für alle zu befürchten.“
Äußerst kritisch sieht die Salzburger Armutskonferenz, dass die Sozialhilfe hohe Wohnkosten, wie es in Salzburg der Fall ist, künftig nicht mehr abfedern kann. Eine Sonderregelung sah vor, dass aufgrund der hohen Mietkosten in Salzburg die Wohnbeihilfe nicht zu den Einkünf-ten zählte und somit die Höhe der Mindestsicherung nicht reduzierte, sondern nur den Wohnaufwand. Künftig müssen jedoch sämtliche öffentliche Mittel bei der Bemessung der Sozialhil-fe berücksichtigt werden – auch die Wohnbeihilfe. „Viele Betroffenen werden daraufhin ihre Wohnung aufgeben müssen – die Wohnungslosigkeit wird massiv ansteigen“, so die Progno-se der Salzburger Armutskonferenz.
Aber auch jene 10% der Bezieherinnen und Bezieher in Salzburg, die ihr niedriges Erwerbs-einkommen mit der Mindestsicherung aufstocken, sind von den Kürzungen betroffen. Künftig hätten sie keinen Anspruch mehr auf einen Berufsfreibetrag, der je nach Stundenausmaß derzeit zwischen knapp 80 und 160 Euro monatlich beträgt. Das würde zu einer wesentlichen Verschlechterung zur derzeitigen Mindestsicherungsregelung führen.
Außerdem würden vor allem Familien unter dem Gesetzesentwurf leiden. Nicht nur, dass die Richtwerte pro Kind abnehmen, auch sieht das Gesetz vor, dass die in Salzburg gewährten zusätzlichen Sonderzahlungen für Kinder nicht mehr geleistet werden können.
Ein praktisches Beispiel zeigt, wie sich die Kürzung bei den Familien auswirken kann: Neh-men wir eine fünfköpfige Familie in Salzburg mit drei minderjährigen Kindern. Der Vater ver-dient 1650 Euro, die Mutter bezieht für das jüngste Kind Kinderbetreuungsgeld. Aufgrund der Kürzung der Richtsätze für Kinder, der Abschaffung von Sonderzahlungen und dem Berufs-freibetrag für den erwerbstätigen Familienvater kann die Familie zwar ihr Einkommen noch minimal durch die Sozialhilfe aufstocken, doch anstatt der bisherigen 540 Euro erhält die Fa-milie nur noch 43 Euro monatlich.
Das Grundsatzgesetz zielt nicht darauf ab, Armut zu bekämpfen und zu vermeiden. Stattdes-sen wird mit aller Härte gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft vorgegangen.
Die Salzburger Armutskonferenz lehnt das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in vollem Umfang ab und ersucht die Regierung dringend um eine grundsätzliche Revision des Entwurfes. Neben existenzsichernden Einkommen, Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigung sowie einem Ausbau sozialer Infrastruktur braucht es in der Mindestsicherung armutsfeste Grundleistun-gen mit Rechtsanspruch sowie flächendeckende, qualitätsvolle Hilfepläne, arbeitsmarktpoliti-sche Maßnahmen und einen Ausbau der Angebote am erweiterten Arbeitsmarkt.
Rückfragen: Elisabeth Kocher, 0662 – 849373-202 bzw. 0676 – 848210248