NIEDRIGE EINKOMMEN UND TEURES WOHNEN – DAS PASST NICHT ZUSAMMEN.
Ständig steigende Mieten, hohe Lebenshaltungskosten sowie Arbeitsverhältnisse, deren Löhne nicht zum Leben ausreichen, führen zu immer mehr Problemen, die Mieten zu begleichen.
Frau A. ist alleinerziehend und lebt mit ihrer Tochter im Kleinkindalter auf 30m². Sie verdient in ihrer Vollzeitanstellung 1.100 €, Unterhalt für ihre Tochter bekommt sie nicht. Für Miete und Strom fallen 480 € an, hinzu kommen die Kinderbetreuungskosten. Derzeit besteht ein Mietrückstand von 3.700 €, der wegen knapper finanzieller Mittel und der dramatischen Verzögerungen des Finanzamtes bei der Auszahlung der Familienbeihilfe entstanden ist. Jetzt möchten die Eigentümer die Wohnung verkaufen. Mit Mietschulden und fehlendem Anspruch auf eine geförderte Mietwohnung (Frau A. lebte bis vor drei Jahren im Tennengau) droht der jungen Familie ohne weitere Unterstützung die Wohnungslosigkeit.
Armut und Wohnungsnot in Salzburg
Frau A. ist kein Einzelfall. Für 52% der im Land Salzburg lebenden Menschen stellen Mietkosten eine Belastung dar. Ständig steigende Mieten, hohe Lebenshaltungskosten sowie Arbeitsverhältnisse, deren Löhne nicht zum Leben ausreichen, führen zu immer mehr Problemen, die monatlichen Zahlungen zu begleichen. Eine Erhebung des Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg ergab, dass im Oktober 2020 647 Menschen in sogenannten unsicheren Wohnverhältnissen lebten, sie waren also akut von Delogierung bedroht, wohnten zur Untermiete oder kamen zeitweise bei Bekannten unter.
„Die Aushebelung der bedarfsorientierten Grundsicherung durch das bundesweite Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (in Salzburg: Sozialunterstützung) hat die Armutsgefährdung der Menschen verschärft und einer Verfestigung von Armutslagen Vorschub geleistet.“, führt Heinz Schoibl, Forum Wohnungslosenhilfe aus: „Der Zugang zu regulären Hilfeangeboten wird durch restriktive Maßnahmen erschwert, die betroffenen Menschen veranlasst, sich in ihren privaten Netzwerken um Hilfe zu bemühen – auch mit dem Risiko, in Überbelag, Abhängigkeit oder gar Ausbeutung leben zu müssen.“
Der Übergang von einer bedarfsorientierten Mindestsicherung hin zur Sozialhilfe, die zum einen auf das Prinzip der Armutsbewältigung als Zielbestimmung verzichtet und zum anderen die Bundesländer zum Ausschluss einzelner armutsgefährdeter Zielgruppen - wie etwa EU-Ausländer:innen ohne regulären und dauerhaften Wohnsitz - verpflichtet, droht, künftig Wohnungsnot weiter zu verschärfen.
Folgen der Krise
Erschwerend hinzu kommen die Folgen der Pandemie, insbesondere für Menschen, die länger als ein Jahr beim AMS arbeitslos gemeldet sind und damit als Langzeitarbeitslose gelten. Denn je länger Arbeitslosigkeit andauert, desto größer wird das Risiko einer finanziellen Abwärtsspirale. Darüber hinaus wurde durch die Sozialunterstützung die Situation für armutsgefährdete Menschen mitten in der Krise weiter verschlechtert.
„Das neue Gesetz führt bei Bezieher:innen zu einer Reduktion der Leistungen, was in Anbetracht der aktuellen Umstände für uns nicht nachvollziehbar ist. Gerade jetzt braucht es eine umfassende soziale Absicherung.“, stellt Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz fest und fordert eine Reform des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes auf Bundesebene.
Die Verschlechterungen der Sozialunterstützung treffen obdachlose Menschen im Besonderen: Denn wer keine Miete zahlt, hatte zwar bereits in der Mindestsicherung keinen Anspruch auf einen Wohnanteil, doch durch die allgemeine Kürzung des Lebensunterhaltes von 75% auf 60% wird der Weg in ein gesichertes Wohnverhältnis durch diese Kürzung nochmals schwerer.
Armut zu beenden ist möglich!
Mit Blick auf die letzten Monate wurde sichtbar, wie wesentlich eine gute soziale Absicherung nicht nur für einzelne Schicksale, sondern auch für die gesamte Wirtschaft ist. Je stärker Menschen mit Unsicherheit und finanzieller Not konfrontiert sind, desto weniger Geld kann ausgegeben werden, desto eher droht die soziale Isolation und Einsamkeit.
Ziel sollte es daher sein, ein Klima zu schaffen, in dem sich Menschen auf das soziale Netz verlassen können, ohne Angst vor Vorurteilen und Diskriminierung haben zu müssen. Die österreichische Armutskonferenz hat daher einen Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes für soziale Sicherheit erarbeitet. Dieser Vorschlag garantiert Menschen unter anderem das Recht auf eine angemessene Unterkunft, auf eine umfassende Gesundheitsversorgung aber auch das Recht auf Arbeit zu fairen und menschenwürdigen Bedingungen.
„Unser Wunsch ist es, dass wir uns politisch wie gesellschaftlich auf soziale Werte verlassen können. Dass es ein sicheres, lückenloses soziales Netz gibt, das Recht auf Wohnen für alle in Österreich lebenden Menschen realisiert wird und wir mittelfristig Armut und Wohnungsnot beenden. Denn schlussendlich profitieren wir alle von einer gerechteren Gesellschaft. Wir können es uns leisten, den Kampf gegen Einsamkeit, Ausgrenzung und Obdachlosigkeit aufzunehmen.“, so Bayer.