TEUERUNG ENERGIEKOSTEN
GELD FÜR STROM ODER LEBENSMITTEL?
Die steigengenden Energiekosten werden für mehr und mehr Haushalte in Salzburg zum Problem. Besonders betroffen sind Alleinlebende, Alleinerzieher:innen sowie ältere Menschen. Seitens der Schuldenberatung stellt man fest: Der Spielraum für individuelle Lösungen wird zunehmend kleiner. Die Salzburger Armutskonferenz fordert daher weitere treffsichere Maßnahmen von Bund und Land.
Armut hat viele Gesichter, sie zeigt sich in fehlenden Teilhabemöglichkeiten, gesundheitlichen Problemen und auch prekärem Wohnen, welches zumeist auch mit überdurchschnittlich hohen Energiekosten einhergeht. „Wohnraum ist dann günstig, wenn es sich um alte, schlecht sanierte Wohnungen handelt. Das kann dazu führen, dass zwar die Miete vergleichsweise günstig erscheint, der damit einhergehende überdurchschnittliche Energieverbrauch relativiert den Mietpreis jedoch schnell.“, merkt Bayer Carmen, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz an. Menschen mit geringem Einkommen und von Armut Betroffene treffen Preissteigerungen bei Gütern des alltäglichen Gebrauchs besonders stark, denn der Anteil der Ausgaben am gesamten Einkommen ist bei diesen Gruppen natürlich höher, wie auch die Berechnung der E-Control zeigt: „Während im Durchschnitt alle Haushalte über den ganzen Zeitraum unter 5% ihres Einkommens für Energie aufwendeten, lag der Wert für energiearme Haushalte in der aktuellen Periode 2019/2020 bei knapp 23 %.“, so die Studienautor:innen. „Wir erleben Menschen in unserer Beratung, die sich die laufenden Fixkosten nicht mehr leisten können“, berichtet Inge Honisch von der Schuldenberatung Salzburg. „Sie stehen vor der Frage, ob sie Strom oder Lebensmittel bezahlen sollen. Zum Glück konnten wir bisher auf der individuellen Ebene immer noch Lösungen finden, aber der Spielraum wird spürbar kleiner!“
Armut wird steigen.
Die Caritas geht nicht davon aus, dass sich die Steigerung der Zahl der Menschen in Not ansatzweise umkehrt. „Im Gegenteil: die Armut wird weiter steigen“, berichtet Melanie Fritzer, Leiterin der Caritas-Sozialberatung. „Mehr als 12.000 Mal haben sich Menschen von Jänner bis November 2022 bereits hilfesuchend an die Caritas gewandt, die Zahl der Erstkontakte hat sich verdreifacht. Zum einen kommen diejenigen, die bisher schon zu wenig zum Leben hatten – denn sie werden regelrecht von der Preislawine überrollt. Dazu geraten nun mehr und mehr Menschen ans Limit, die zwar im Arbeitsleben stehen, aber zu wenig verdienen, um Geld zurücklegen zu können, denen also monatlich nichts übrigbleibt.“
Ältere Menschen besonders betroffen
Im Bundesland Salzburg waren 2021 knapp 7% der Sozialunterstützungsbezieher:innen sogenannte Mindestpensionist:innen, das heißt, die zu geringe Pension muss mit zusätzlichen Leistungen aus der Sozialunterstützung aufgestockt werden, um überhaupt über die Runden zu kommen. Erschwerend hinzu kommt, dass Menschen ab 75 Jahren auch die größte Betroffenheit durch Energiearmut innerhalb der Gruppe der Betroffenen aufweisen. „Mit Blick auf diese Zahlen ist es wichtig zu betonen, dass diese noch vor der Energiekrise gemessen wurden. Rechnet man die aktuelle Entwicklung mit ein, stehen wir vor einer großen Herausforderung, die auch eng mit gesundheitlichen Problemen der vor allem älteren Menschen einhergeht.“, mahnt Bayer zur Sorge.
Auch Thomas Neureiter von ArMut teilen erlebt im Alltag eine Zuspitzung finanzieller Probleme: „Besonders schwierig wird es bei den Jahresabrechnungen. Wenn eine Alleinerzieherin, die Teilzeit in der Reinigung arbeitet mit gut 1000 € netto Monatslohn eine Nachzahlung von einigen hundert Euro zu begleichen hat geht sich das bei aller Sparsamkeit nicht mehr aus. Familien in diesen Situationen stehen vor der Alternative: riskiere ich eine Stromabschaltung, oder versuche ich mich beim Lebensunterhalt noch mehr einzuschränken. Diese Schwierigkeiten vieler Betroffener sind nicht neu, aber die Summen, die offen sind werden unverhältnismäßig höher in Bezug auf die verfügbaren Mittel. Bildlich gesprochen: Die schlaflosen Nächte dieser Alleinerzieherinnen werden mehr.“
Sozial treffsichere Unterstützungen für alle Energieformen nötig
Die Teuerung belastet armutsgefährdete Haushalte massiv, die kürzlich angekündigte Tariferhöhung der Salzburg AG führe nun zu noch mehr Sorgen und Anrufen in den Beratungsstellen, wie Michaela Fischer seitens Abteilung Sozialpolitik der AK-Salzburg ausführt: Auch bei der uns melden sich täglich Betroffene, die Wärmepumpen, Stromheizungen oder Nachtspeicherheizungen im Einsatz haben. Aufgrund des hohen Verbrauchs wirkt bei ihnen die Strompreisbremse nur geringfügig. Sie wissen nun nicht, wie sie die Mehrkosten stemmen sollen. Die Salzburg AG ist hier als öffentlicher Landesenergieversorger in der Verantwortung, Lösungen anzubieten und Härtefälle, etwa mittels Freistromtagen, auch für Menschen, die mit Strom heizen - abzufedern. Darüber hinaus darf der Bund nicht auf die anderen Heizformen vergessen: Hier braucht es einen Heizkostendeckel für Heizöl, Pellets, Holz & Co.“
Notwendige Maßnahmen
Es braucht jetzt neben Einmalzahlungen dringend strukturelle Verbesserungen der Sozialleistungen, wie etwa beim Arbeitslosengeld oder der Sozialunterstützung. „Wir sehen in diversen Erhebungen, wie auch in der Praxis, dass Krisen diejenigen am härtesten treffen, die sich bereits in prekären Lebenslagen befinden“, betont Bayer und führt des Weiteren aus, dass “für die Strompreisbremse zudem die angekündigte nachträgliche soziale Differenzierung unbedingt notwendig ist, um in Zeiten der Klimakrise eine Subvention von Energie bei Menschen ohne Bedarf zu vermeiden.“ Generell braucht es eine Erhöhung des Heizkostenzuschusses auf 500 Euro und eine Anhebung der Einkommensgrenzen auf die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle. Besonders wichtig ist aktuell außerdem ein Verzicht auf Stromabschaltungen. Dies wurde auch vom Salzburger Landtag letzte Woche einstimmig gefordert. Jetzt liegt es an der Salzburg AG das umzusetzen.