UNGLEICHHEIT IM GESUNDHEITSSYSTEM

In den letzten Wochen sind wir immer häufiger mit Themen rund um die Gesundheit konfrontiert. Krisensituationen, wie die aktuelle COVID-19-Pandemie und deren Auswirkungen machen sichtbar, dass Armutsbetroffene zumeist stärker betroffen sind als ökonomisch besser gestellte Menschen. Die Benachteiligungen ökonomisch schwächer gestellter Personen äußern sich jedoch nicht ausschließlich in finanziellen Notlagen oder beengten Wohnverhältnissen etc., sondern sie machen sich ebenso anhand gesundheitlicher Ungleichheiten bemerkbar.

Health Inequity

Mittlerweile gibt es zahlreiche wissenschaftliche Quellen, die sozial bedingte Ungleichheiten der Gesundheitschancen (Health Inequity) belegen. So haben Armutsbetroffene ein 1,5 – 4-fach höheres Risiko chronisch zu erkranken. Diesbezüglich sind jedoch nicht nur Krankheiten, wie etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch Unfallfolgen, Infektionskrankheiten sowie psychische und somatische Erkrankungen zu nennen.[1] Mindestsicherungsbezieher*innen weisen etwa, im Vergleich zur restlichen Bevölkerung Österreichs, zu 29 % einen schlechteren Gesundheitszustand auf, wobei 50 % sogar chronisch krank sind.[2] Erwähnenswert an dieser Stelle ist ebenso, dass auch die Höhe der Lebenserwartung chronisch Erkrankter stark vom Einkommen und dem beruflichem Status abhängig ist.

Der Begriff Health Inequity ist zudem eng verbunden mit einer weiteren Form der gesundheitlichen Ungleichheit – der Neuen Morbidität.[3]

Neue Morbidität

Die Neue Morbidität beschreibt Erkrankungen, welche nicht ausschließlich durch biologisch bedingte Entstehungsfaktoren, sondern ebenso aufgrund individueller Lebensbedingungen und Lebensstile begünstigt werden. Insbesondere umfasst die Neue Morbidität Verhaltens- oder Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen, psychische Erkrankungen sowie chronische und somatische Krankheiten.[4] Damit hängt auch eine geringere Lebenserwartung von ökonomisch benachteiligten Menschen zusammen - armutsbetroffene Personen sterben, auch in Wohlstandsländern, um bis zu 10 Jahre früher als der Rest der Bevölkerung, von Obdachlosigkeit Betroffene sogar um 20 Jahre.[5]

Gründe der Health Inequity und Neuen Morbidität

Es gibt viele Zusammenhänge zwischen finanzieller Armut und einem schlechteren Gesundheitszustand beziehungsweise einer verminderten Lebenserwartung. Etwa werden gesundheitsgefährdende Berufe, wie beispielsweise Nachtarbeit, Arbeiten mit erhöhter körperlicher Belastung oder Schichtarbeit oftmals von Personen mit geringem Einkommen ausgeübt. Zudem sind Armutsbetroffene auf günstige Wohnmöglichkeiten angewiesen, welche häufig Gesundheitsrisiken bergen, wie zum Beispiel Schimmelbefall oder Abgase aufgrund stark befahrener Straßen. Auch chronischer Stress, welcher in vielen Fällen mit Armutslagen einhergeht, wenn beispielsweise unerwartete Ausgaben getätigt werden müssen, führt einerseits zu erhöhten psychischen Belastungen und kann andererseits gesundheitsschädigende körperliche Reaktionen, wie etwa Veränderungen und Schwächungen des Immunsystems, hervorrufen.[6]

Armut geht mit zahlreichen Formen der Benachteiligung einher. Auch in Österreich leiden armutsbetroffene Personen häufiger unter Krankheiten, haben eine geringere Lebenserwartung und weisen einen schlechteren Gesundheitszustand auf als privilegierte Personen. Erwähnenswert ist dabei, dass nicht nur Armut krank macht, sondern auch Krankheiten oftmals zu Armut führen können. Daher ist es, auch in der aktuellen COVID-19-Krise wichtig, auf finanziell benachteiligte Personen zu achten, sie zu schützen und Maßnahmen zu entwickeln, welche gesundheitlicher Ungleichheit vorbeugen.

Autorin: Sophie Mayer


 

Quellen:

[1] Haverkamp, Fritz (2018) Gesundheitliche Ungleichheit und neue Morbidität. In: Huster, Ernst-Ulrich/ Boeckh, Jürgen/ Mogge-Grotjahn, Hildegard (Hg.) Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Springer VS, Wiesbaden, 3. Auflage, S. 479-502.

[2] Die Armutskonferenz – Österreichisches Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Online unter: http://www.armutskonferenz.at/news/news-2020/corona-armutskonferenz-fordert-schutzschirm-fuer-armutsbetroffene.html

[3] Haverkamp, Fritz (2018) Gesundheitliche Ungleichheit und neue Morbidität. In: Huster, Ernst-Ulrich/ Boeckh, Jürgen/ Mogge-Grotjahn, Hildegard (Hg.) Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Springer VS, Wiesbaden, 3. Auflage, S. 479-502.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Die Armutskonferenz – Österreichisches Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Online unter: http://www.armutskonferenz.at/news/news-2020/corona-armutskonferenz-fordert-schutzschirm-fuer-armutsbetroffene.html

[6] Haverkamp, Fritz (2018) Gesundheitliche Ungleichheit und neue Morbidität. In: Huster, Ernst-Ulrich/ Boeckh, Jürgen/ Mogge-Grotjahn, Hildegard (Hg.) Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Springer VS, Wiesbaden, 3. Auflage, S. 479-502.

Wir möchten die Inhalte dieser Webseite auf Ihre Bedürfnisse anpassen. Zu diesem Zweck setzen wir sogenannte Cookies ein. Entscheiden Sie bitte selbst, welche Arten von Cookies bei der Nutzung unserer Website gesetzt werden sollen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.